Porsche 911 GT3 RS 4.0: Einer geht noch (2024)

  • X.com
  • Facebook
  • E-Mail
  • Messenger
  • WhatsApp
  • E-Mail
  • Messenger
  • WhatsApp

So viel Auswahl gab's noch nie. Kurz bevor Porsche auf der IAA im September in Frankfurt den neuen 911 enthüllen wird, stehen fast zwei Dutzend Varianten des Sportwagens im Katalog. Doch nach Meinung von Vollblut-Autofahrern wie Walter Röhrl kann man die meisten davon geflissentlich ignorieren. "Wenn ein Sportenthusiast vom 911er spricht, dann zählt eigentlich nur einer: der GT3 RS", sagt der Mann aus der Oberpfalz. Der GT3 RS nämlich ist eher ein Rennwagen mit Straßenzulassung als Straßenfahrzeug mit Talenten für die Rundstrecke.

Kurz bevor die Laufbahn der aktuellen 911er-Serie endet, fährt die Rennsportabteilung jetzt noch einmal ein besonderes Modell vor: Die letzten 600 Exemplare des GT3 RS erhalten einen größeren Motor mit noch mehr Kraft und noch mehr Renntechnik. "Statt 3,8 hat der Sechszylinder-Boxer jetzt 4,0 Liter Hubraum", sagt Projektleiter Uwe Braun. Das Leistungsplus beträgt zehn Prozent. 500 PS und 460 Nm sind also die neuen Maßzahlen; dazu gibt es die Kurbelwelle aus dem Rennwagen GT3 RSR, Pleuel aus Titan, ein um acht Kilogramm leichteres Einmassen-Schwungrad sowie Rennsport-Luftfilter im Karbongehäuse.

Aus dem Heck lugt ein Sportauspuff mit neuer Klappensteuerung. Die sorgt nicht nur für einen kehligen Klang, sondern hat wie fast alles an diesem Auto auch einen technischen Hintergrund. Braun: "Im mittleren Drehzahlbereich bringt das etwa 40 Nm mehr Drehmoment." Und das wiederum verkürzt die Beschleunigungszeit.

Zu mehr Tempo und Temperament soll auch das Leichtbau-Konzept führen: So bestehen die vorderen Kotflügel und die Fronthaube aus Karbon, die Heckscheibe aus Kunststoff, die Seriensitze wichen federleichten Rennschalen, die Dämmung unter dem Teppich fiel deutlich dünner aus. Die Ingenieure entfernten sogar die Klimaanlage und die Stereoanlage und noch einige weitere Komfort-Accessoires wie etwa die Türarmlehnen. Derart gestrippt wiegt der Wagen lediglich noch 1360 Kilogramm. Das sind gerade einmal 80 Kilo mehr als beim GT3-Rennwagen.

Zu erkennen ist der GT3 RS 4.0 am auffälligen Vollgasanzug und der Streifenbemalung. Ins Auge stechen auch der riesige verstellbare Heckflügel, extraweit ausgestellte Radhäuser und die tiefergelegte Karosserie. In der Fronthaube gibt es große Luftöffnungen und an den Seiten erstmals bei einem Serienauto Flics. So nennen Rennfahrer die kleinen Luftleitschaufeln, die zusammen mit dem Heckspoiler bei Vollgas 190 Kilogramm Abtrieb erzeugen und dafür sorgen, dass der Überflieger auch nach einer Fahrbahnwelle am Boden bleibt.

Taugt der GT3 RS wirklich zum Alltagsauto?

Der GT3 sieht messerscharf aus, und man hat ihn am Steuer nahezu perfekt in der Hand. Doch man sitzt dabei festgezurrt in engen Schalensitzen, die nicht nur die Fliehkräfte im Zaum halten, sondern auch so ziemlich jede Bewegung, die Fahrer und Beifahrer während einer Tour so in den Sinn kommt. Derweil gibt das brettharten Fahrwerk detailliert Auskunft über jede noch so kleine Unebenheit. Die kleine Prinzessin, die im Märchen so unaussprechlich schlecht auf der Erbse geschlafen hat, dürfte in einem solchen Gefährt wohl leicht unterscheiden können, ob es ein Ein-Euro-Stück war, das sie gerade überrollt hat, oder ein Zwei-Euro-Stück.

Aber darüber denken Rennsport-Fans ohnehin nicht nach - und überhaupt ist das zum Teil auch eine Frage der Perspektive. "Wenn's drauf ankommt, taugt der GT3 RS auch als Alltagsauto", sagt zum Beispiel Walter Röhrl.

Zu dieser Sichtweise trägt sicher auch die Gelassenheit eines Mannes bei, der unter anderem zwei Rallye-Weltmeister-Titel einfuhr. Ohne die Ruhe und Reife eines Vollgas-Titanen wie Röhrl kann man den Wagen kaum in den gebotenen Grenzen bewegen. Zu spontan reagiert der Motor, wenn man das Gaspedal nur streichelt. Zu rasend vergehen die 3,9 Sekunden, bis der Tacho 100 km/h zeigt. Zu schnell hat man Tempo 200 oder 250 erreicht und noch immer wirkt der Motor unangestrengt. Zu leicht lässt sich der Wagen durch Kurven zirkeln, und zu heftig fällt man dafür in den Gurt, wenn die Bremsen zubeißen.

Dass dieses Erlebnis - der Elektronik sei dank - mittlerweile jeder teilen kann, der schnell genug einen der bereits vor Produktionsbeginn ausverkauften 600 GT3 RS 4.0 zum Stückpreis von knapp 180.000 Euro bestellt hat, ficht Röhrl nicht an. "Erst durch das elektronische Stabilitätssystem ist so ein Auto für eine breitere Kundenschicht überhaupt beherrschbar geworden", sagt der Profi. Außerdem sei die Elektronik so nah am Limit programmiert, dass sie erst eingreift, wenn die meisten Fahrer ohnehin ernste Probleme bekämen. Bevormundet fühlt sich Röhrl von den Sicherheitssystemen nicht: "Wer meint, das Auto zu beherrschen, kann sie ja jederzeit ausschalten."

Ein Geräusch, als ob eine Dose rostiger Nägel umfällt

Eine rasante Landpartie mit dem RS ist ein Erlebnis für alle Sinne. Denn so berechenbar und präzise sich der Porsche auch fahren lässt, ist er nicht einfach nur eine Fahrmaschine. Was den Reiz des Rasens mit dem RS ausmacht, sind die kleinen, subtilen Zwischentöne, die eine Brücke zum Rennsport schlagen. Das für ein Serienmodell viel zu hakelige Getriebe zum Beispiel, bei dem man die Gänge fast schon hinein prügeln muss. Oder das rasselnde Geräusch, das an eine Dose voll rostiger Nägel erinnert und immer dann aus dem Getriebe schallt, wenn man im großen Gang mit kleiner Drehzahl unterwegs ist. "Bei jedem anderen Modell würden uns die Kunden dafür kritisieren. Aber in diesem Auto würde ihnen ohne diese Eigenheiten etwas fehlen", sagt Braun.

Der Verweis auf den Motorsport erscheint bei vielen Sportwagen bemüht. Doch beim GT3 RS 4.0 ist er berechtigt. Immerhin seien 90 Prozent der Kunden regelmäßig auf Rundkursen unterwegs, berichtet Braun. Deshalb achten sie auch auf Details wie das Markenlogo auf der Karbonhaube, das beim RS kein metallenes Wappen, sondern ein Aufkleber ist. Für die Gewichtsbilanz spielt das zwar keine Rolle, jedoch, sagt Braun: "Für uns und die Kunden hat das einen hohen symbolischen Wert. Denn es ist der gleiche Sticker wie an den Werks-Rennwagen."

Porsche 911 GT3 RS 4.0: Einer geht noch (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Chrissy Homenick

Last Updated:

Views: 5890

Rating: 4.3 / 5 (54 voted)

Reviews: 85% of readers found this page helpful

Author information

Name: Chrissy Homenick

Birthday: 2001-10-22

Address: 611 Kuhn Oval, Feltonbury, NY 02783-3818

Phone: +96619177651654

Job: Mining Representative

Hobby: amateur radio, Sculling, Knife making, Gardening, Watching movies, Gunsmithing, Video gaming

Introduction: My name is Chrissy Homenick, I am a tender, funny, determined, tender, glorious, fancy, enthusiastic person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.