Flottenbetreiber haben es satt Hat Tesla den Bogen im Preiskrieg überspannt?
Von Diana Dittmer 06.02.2024, 18:16 Uhr Artikel anhören
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Nach Sixt und Hertz will auch SAP künftig auf E-Autos von Tesla in seiner Fahrzeug-Flotte verzichten. Zur Begründung verweist der Softwarekonzern auf schwierige Lieferbedingungen, aber auch auf die Folgen der aggressiven Preispolitik des US-Autobauers.
Tesla hat ein gravierendes Problem mit Großkunden: Nach Hertz und Sixt will nun auch der Walldorfer Softwarekonzern SAP den E-Autopionier von seiner Lieferantenliste für seine Dienstwagen streichen. Laut "Handelsblatt" besteht die Flotte aus insgesamt 29.000 Fahrzeugen. Ein schwerer Verlust in Zeiten, in denen der E-Automarkt immer härter umkämpft ist. Experten zufolge bekommt der US-Autobauer die Quittung für einen Preiskrieg präsentiert, den er selbst angezettelt hat.
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SAP begründet den Rauswurf unter anderem mit instabilen Preisen des Autobauers. Durch Teslas Preisdumping werde auch der Wiederverkaufswert der E-Autos in Mitleidenschaft gezogen, heißt es. Das gelte für Tesla mehr als für andere Autobauer: "Die Listenpreise schwanken bei Tesla stärker als bei anderen Herstellern", zitiert das Blatt SAP-Flottenchef Steffen Krautwasser. Das erschwere die Planung und sei ein höheres Risiko für das Unternehmen.
Suboptimal für SAP seien dazu auch die Lieferbedingungen von Tesla gewesen, schreibt das "Handelsblatt". Der Autobauer liefere Fahrzeuge oft zu früh, was bei den Mengen, die das Unternehmen abnehme, für logistische Probleme sorge. Im Falle von Problemen gebe es zudem keine festen Ansprechpartner oder "Key-Account-Manager", so wie bei anderen Autobauern.
Der Hauptgrund für die Abfuhr dürfte jedoch der Wertverfall der Flotte gewesen sein. Der sogenannte Restwert ist ein wichtiger Faktor für Autobesitzer. Wegen sinkender Verkaufszahlen hatte Tesla in den vergangenen zwölf Monaten immer wieder die Preise gesenkt. Die Konkurrenz reagierte darauf ihrerseits mit Rabatten, was eine Preisspirale in Gang setzte. Zahlen des Branchendienstes Dataforce zufolge, die das "Handelsblatt" zitiert, verliert Tesla dadurch nun in einem wichtigen Geschäftsbereich an Boden.
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Tesla ist beliebt als Dienstwagen, allerdings nicht bei großen Flottenanbietern. Hier lag der Anteil im vergangenen Jahr bei lediglich 3450 Fahrzeugen. Das entspricht einem Marktanteil von etwas mehr als einem Prozent. Besser sehen die Zahlen laut "Handelsblatt" bei Selbstständigen und Firmen mit Flotten von bis zu zehn Fahrzeugen aus. Durch den Verkauf an Einzelpersonen oder kleine Flottenbetreiber in Deutschland konnte der US-Autobauer seinen Firmenwagenabsatz im vergangenen Jahr um satte rund 54 Prozent auf insgesamt 24.600 Fahrzeuge steigern. Das entspricht immerhin einem Marktanteil von fast vier Prozent.
"Das ist eine recht ordentliche Zunahme", wie Benjamin Kibies von Dataforce kommentiert. Aber der Analyst ergänzt: "Die harte Währung ist es, bei allen Flottengrößen voranzukommen." Tesla habe sich deshalb "mit den plötzlichen Preissenkungen keinen Gefallen getan."
Mehr Firmen- als Privatfahrzeuge
Dienstwagen sind ein Milliardengeschäft. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mit rund 977.000 Stück zum ersten Mal mehr Firmen- als Privatfahrzeuge zugelassen. Allein hierzulande hat der Markt damit ein Volumen von geschätzten 47 Milliarden Euro - E-Autos spielen dabei eine immer größere Rolle. Besonders bemerkenswert: Trotz gesunkener Fördermittel und anderer negativer Sondereffekte stieg der Marktanteil von Elektroautos in Dienstwagenflotten im vergangenen Jahr sogar leicht auf 18,4 Prozent. Gefördert wird die Entwicklung vor allem durch die günstigere Besteuerung von E-Autos als Dienstwagen.
Der Rückzug von SAP ist nicht die erste Schlappe für Tesla. Erst im Dezember hatte Europas größter Autovermieter Sixt mitgeteilt, keine Elektroautos des US-Branchenpioniers mehr zu vermieten. Auch Sixt verwies zur Begründung auf schwache Wiederverkaufswerte nach starken Preissenkungen. Als weiteren Grund nannte Sixt die höheren Reparaturkosten bei E-Autos. Da Sixt daran festhält, bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu 90 Prozent seiner Flotte in Europa zu elektrifizieren, dürften nun andere E-Autobauer profitieren.
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Mitte Januar dann erklärte Sixt-Konkurrent Hertz einen Teilrückzug aus dem Geschäft mit Elektroautos - auch hier ist Tesla betroffen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Bochumer Center Automotive Research beobachtet die Entwicklung mit Sorge: "Es baut sich eine Welle gegen das Elektroauto auf, wenn Vermieter, Leasinggesellschaften, Händler und schließlich auch die Gebrauchtwagenkäufer verunsichert werden", warnte er. Maßgeblich begünstigt wird die Entwicklung nach Ansicht des Experten durch die Politik der Ampel-Regierung.
Dudenhöffer: "Tesla kann den Preiskrieg noch gewinnen"
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Schuld trifft aber auch Tesla selbst, wie der Experte einräumt. "Der Preiskrieg hat Folgen", ergänzt Dudenhöffer im Gespräch mit ntv.de. Der US-Autobauer stehe unter gnadenlosem Wachstumsstress: Er ist zu schnell gewachsen und hat Überkapazitäten, gleichzeitig schrumpft der Elektroautomarkt. "Die nächsten ein bis zwei Jahre werden nicht einfach sein für Elon Musk", prognostiziert der Autoexperte.
Bei neun Prozent Ebit-Marge habe Tesla zwar immer noch die Möglichkeit, die Preise weiter zu senken. Doch Tesla-Chef Musk müsse die Wiederverkaufswerte der Autos gut im Auge behalten, wenn er die großen Flottenanbieter und das wichtige Dienstwagengeschäft nicht gänzlich verlieren wolle. Entscheidend sei, die Zeit zu überbrücken, bis zum nächsten Modell. Das Model Q (2) soll nur 25.000 US-Dollar kosten. Mitte 2025 will Tesla jüngsten Berichten zufolge mit der Produktion beginnen. "Musk kann den Preiskrieg noch gewinnen, aber Tesla muss jetzt gut austarieren", konstatiert Dudenhöffer.
Für die Mitarbeitenden von SAP, die ein E-Auto fahren wollen, wird die Trennung von Tesla erst einmal verkraftbar sein. Die Nachfrage nach einem Tesla als Dienstwagen sei zwar immer noch groß, wie SAP-Flottenchef Krautwasser sagt, aber der Technologievorsprung des Autobauers schwinde. Eine willkommene Alternative zu Tesla gebe es bereits: Die Marke Polestar sei sehr beliebt bei den SAP-Mitarbeitern. Polestar ist in der Hand des chinesischen Anbieters Geely und seiner schwedischen Tochter Volvo. Tesla könnte die Zeit davonzulaufen.